Fallbeispiel Iran: Wie können wir uns als SchülerInnen engagieren?

Artikel von Shirin Hejazi , 07.10.2022

Am 13.09.2022 wird Jina Mahsa Amini (22 Jahre) im Iran von der Sittenpolizei verhaftet, da sie ihr Kopftuch nicht der Kopftuchpflicht angemessen nach trägt. Am 16.09. verstirbt sie in einem Krankenhaus nach einem zweitägigen Koma. Was genau geschieht, während sie sich in Gewahrsam befindet, ist unbewiesen. Augenzeugenberichte sowie medizinische Dokumente weisen jedoch auf Folter und Prügel hin. Sie soll beleidigt und schwer am Kopf verletzt worden sein, was letztendlich auch die vermutete Todesursache darstellt. Behörden behaupten weiterhin, sie habe ein simples Herzversagen gehabt. Ursache dafür soll eine kardiale Krankenvorgeschichte gewesen sein. Familie und Freunde können dem allerdings nicht zustimmen.

Seit Aminis Tod gibt es im Iran erneut heftige Proteste, denen von staatlichen Sicherheitskräften, aber auch freiwilligen Unterstützern des Islamischen Regimes, brutal entgegengewirkt wird.

Protestiert wird nicht nur gegen den unrechtmäßigen Tod Aminis: Viele BürgerInnen des Iran haben nun genug. Es geht um das Kopftuchverbot, die Unterdrückung von Frauen und Kurden und die Wirtschaftslage. Bislang sind offiziell 133 Tote zu beklagen: die Dunkelzahl ist wohl höher. Experten gehen davon aus, dass, wie auch bei den vergangenen Protesten im Iran, die Proteste letzten Endes gewalttätig niedergeschlagen werden, mit mehr Toten ist also zu rechnen.

Dass auf der Welt eine ganze Menge schiefgeht, das ist uns wohl allen bekannt. Und wir alle haben wohl auch mal dieses Gefühl, wenn uns eine Ungerechtigkeit auf der Welt begegnet, dieses innere Kribbeln, das Bedürfnis, zu helfen. Doch wie? Wo fange ich an? Und kann mein Engagement einem Land, das so weit weg ist, wie der Iran, überhaupt helfen?

In den vergangenen Tagen tausche ich mich mit Parmida (19 Jahre) aus. Sie ist selbst noch Schülerin, steckt mitten im Abi und kämpft verbittert für die vielen mutigen Protestierenden im Iran. Ich will von ihr wissen, was sie tut und was andere tun können, wenn dieses Kribbeln aufkommt, wenn es zu viel wird und man helfen will, wo es geht. Also, was tut sie so?

Parmida ist ehrenamtlich bei einem Projekt des Deutschen Roten Kreuzes aktiv, dass sich der Emanzipation und Förderung von Frauen widmet und organisierte gemeinsam mit Freunden eine Demo in Frankfurt. „Wie genau läuft das eigentlich, so eine Demo auf die Beine stellen?“, frage ich. „Naja, das ist gar nicht schwierig“, sagt sie. Dann beginnt sie aufzuzählen. ,,Zuerst musst du die Demo anmelden. Dafür gibt’s ein Formular im Internet. Bevor die Demo genehmigt ist, darfst du auch nicht für diese werben. Dann muss man schon ein bisschen kreativer werden. Man braucht Sprüche, Gastredner, Plakate, Moderatoren, Regeln, und Sicherheitsverantwortliche, die schauen, dass alles gut läuft, du musst Ziele setzen und Technik organisieren.“ Ohne Lautsprecher und Mikrofone läuft es nicht, das ist klar. Parmida lieh sich dieses Equipment von einer Freundin, die bei FridaysForFuture aktiv ist. Dann muss man werben, werben, werben. Es sollen ja schließlich auch Leute kommen. Letztlich ist das Ganze eine große Verantwortung. Wenn was schief geht, ist man als Organisator mitverantwortlich.

Gar nicht schwierig, was? Tja, ich gebe zu, ich selbst wäre damit ziemlich überfordert. Was kann man also noch tun, wenn man ein wenig kleiner anfangen möchte?

Also logischerweise gibt es neben den Demo-Organisatoren auch die Demo-Gänger. Die sind letztendlich mindestens genauso wichtig, ohne sie läuft der Laden nicht. Und noooooch entspannter? Ob man´s glaubt oder nicht, Engagement geht auch von zu Hause. Parmida sagt sogar, diese klein erscheinenden Dinge, sind mit das Wichtigste. Informiert euch, quatscht mal mit anderen über die Themen, die euch bewegen. Wer nicht Bescheid weiß, kann gar nichts bewirken und gar

nichts ist bekanntlich weniger als ein bisschen. Außerdem gibt es eine Menge Petitionen zum Unterschreiben (am Ende dieses Artikels findet ihr ein paar davon aufgelistet). Dem für das jeweilige Bundesland Abgeordneten zu schreiben ist auch unglaublich wichtig. (bei uns in Hef-Rof ist das Michael Roth, Vorlagen für solche Briefe zum Kopieren gibt es im Internet massenhaft.) Außerdem kann man das Browser Add-On „Snowflake“ installieren. Snowflake macht es Menschen, die in Ländern mit zensiertem Internet, wie dem Iran, leben möglich, eine „Brücke“ ins unzensierte Internet, das wir hierzulande genießen, zu schaffen. Die Installation ist vollkommen kostenfrei, macht für euch bei der Internetnutzung keinen Unterschied und dauert maximal 10 Minuten.

Und hier noch ein kleines Anliegen von mir: Lasst die vielen mutigen IranerInnen, die nun aufgrund ihrer Courage, zu protestieren, in Haft sind, nicht in Vergessenheit geraten! Wenn die Medienwelle um die Situation abgeklungen ist, kann die iranische Regierung diese ganz einfach verschwinden lassen. Behalten wir sie aber weiterhin im Hinterkopf und schaue mal immer wieder nach, was mit ihnen passiert, ist das Ganze schon wesentlich schwieriger. Lassen wir nicht zu, dass es hunderte weitere Mahsa Aminis gibt, bloß weil sie sich trauten, für gerade sie aufzustehen. Zu dem Ganzen noch ein paar weise Worte von Parmida: „Es ist unsere Verantwortung, dem Iran zu helfen. Egal, ob du im Westen, Osten oder sonst wo auf der Welt lebst, die Menschenrechtsverletzungen und Frauenrechtsverletzungen im Iran gehen uns alle was an.“

„ Ich verstehe total, dass das alles sehr überfordernd sein kann. Wenn man eine Pause braucht, sollte man sich diese nehmen. Du musst nicht dein ganzes Leben opfern, nur um anderen zu helfen. Das, was wir als „Kleinigkeiten“ ansehen, kann schon so viel bewirken. Mach was für dich selbst und für deine Mitmenschen“!




Einige Petitionen, die du unterschreiben und teilen kannst:
- Amnesty International: „Wir fordern einen unabhängigen UN-Mechanismus, um schwerste Menschenrechtsverletzungen im Iran zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen!“ (Aufruf an Außenministerin Annalena Baerbock) https://www.amnesty.de/mitmachen/petition/iran-gerechtigkeit-fuer-jina-mahsa-amini- schluss-mit-der-gewalt-2022-09-29

- Open Petition: Petition an die Bundesregierung: Sofortiger Abschiebestopp in den Iran Konsequente Identifizierung der Verbrecher*innen des Regimes und die Erlassung von Haftbefehlen
Die Einbestellung des iranischen Botschafter
Die Einfrierung der Konten iranischer Regimeanhänger*innen https://www.openpetition.de/petition/online/petition-for-freedom-in-iran

- Change.org: Aufrufe an die Bundesregierung: Die Verbrecher des Regimes zu identifizieren und bei der internationalen Gemeinschaft auf Haftbefehle drängen
Die Bundesregierung muss sich bei der UN dafür einsetzen, dass der Iran die Mitgliedschaft bei der U.N. Frauenrechtskommission aberkannt bekommt
Irans Botschafter einbestellen und ihn ausweisen

Die Konten iranischer Regierungsmitglieder, Funktionäre der Revolutionsgarden, der Moralpolizei und anderer regierungsnaher Organisationen einzufrieren
Einen Abschiebestopp für den Iran zu erlassen
https://www.change.org/p/die-bundesregierung-muss-die-menschen-im-iran-mit- konkreten-aktionen-unterst%C3%BCtzen-iran-mahsaamini



Quellen:

-https://de.wikipedia.org/wiki/Mahsa_Amini

-https://www.youtube.com/watch?v=PVjrwU6nUOM

-https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/lage-der-medien-in-iran-ein-gespraech-mit-kourosh-sehati-18354007.html

-https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/die-proteste-gegen-das-regime-in-iran-betreffen-den-gesamte-islam-18355420.html